Ich sitze in der Küche einer Freundin in Deutschland. München. Seit ein paar Tagen sind wir von unserer Reise zurück. Die Sonne scheint. Der Café schmeckt und unsere Gespräche laufen. Die Füße sind hochgelegt und ich könnte nicht entspannter sein.
Ich hatte fast vergessen wie es sich anfühlt, mal Nichts organisieren zu müssen. Keinen Schlafplatz, kein Busticket, kein Abendessen. Wenn Alles einfach da ist. Vielleicht nicht ganz so spannend, aber entspannend. Und immer wieder wichtig. Auch auf Reisen. Vor Allem auf Reisen.
Denn unterwegs gibt es zwar immer viel zu sehen, doch auf Vollgas sein ermüdet. Und funktioniert auf Dauer einfach nicht. Nicht mit Kind. Nicht mit uns. Deshalb ist es wichtig Reisen zu verändern. Verschiedene Phasen zu durchleben. Sich anzupassen. Je nach Gegebenheit. Je nach Laune.
So viel wie geht:
Mir ist es besonders in Japan aufgefallen. Irgendwie hatte ich den Drang das Land zu erkunden. Die Menschen zu erleben. Die Kultur zu verstehen. Und zwar komplett. Von oben nach unten. West nach Ost. Mittendurch.
Also waren wir immer auf Tour. Von einem Ort zum nächsten. Ein Tag Anreise, ein Tag Action und am nächsten direkt weiter. Toll und aufregend, doch danach war ich platt. Ein Monat zwischen Zugsitzen und Hostelbetten. Wir haben viel gesehen, viel erlebt, viel entdeckt. Aber irgendwie auch viel verpasst. Du kannst ein ganzen Land nicht in 30 Tagen bereisen. Nicht jede Sehenswürdigkeit mitnehmen. Nicht jede Sushirolle probieren. Es funktioniert einfach nicht, sei es noch so reizvoll.
Deswegen solltet Ihr Euch auf keinen Fall zu viel vornehmen auf Eurer Reise. Lieber Abstriche machen, dafür intensiver erleben. Japan war toll, war intensiv, war einzigartig. Und dennoch ermüdend, so dass wir danach erst einmal eine kleine Pause einlegen mussten. Und das war gut so.
Abstriche machen:
Die ersten Tage in der Mongolei haben wir uns ausgeruht. Ein Ort. Ein Zimmer. Eine Umgebung. Keine Trips. Viel schlafen, viel spielen, viel nichts tun. Für mich gar nicht so einfach, da ich immer gerne in Aktion bin. Plane. Erlebe. Und doch hat es so gut getan. Wir haben dafür sogar unser geliebtes Couchsurfing aufgegeben und uns ein richtiges Hostel Zimmer gegönnt. Nur wir zwei.
Oftmals habe ich das Gefühl, wir verpassen dann etwas. Könnten noch mehr erleben. Noch mehr sehen. Noch mehr machen. Doch gerade auf längeren Reisen sind solche Pausen total wichtig. Sonst wird es einfach zu anstrengend. Für Alle.
Sowohl in Australien und Neuseeland als auch in Französisch Polynesien hatten wir immer wieder Etappen, in denen wir zur Ruhe gekommen sind. Kleine Ruhe Inseln bevor es weiter ging. Unbewusst. Intuitiv. Weil es sich so ergeben hat. In der Mongolei habe ich ganz bewusst darauf bestanden und es war die richtige Entscheidung. Denn danach ging es ja wieder wild weiter. Mit voller Kraft voraus, die angesammelte Energie war hierfür mehr als wichtig.
Klar wollt Ihr so viel erleben, wie nur geht. Besonders, wenn der zeitliche Rahmen abgesteckt ist. Doch auch hier ist Weniger oftmals mehr. Sonst artet es schnell in Stress aus. Und das nervt. Gerade was Sehenswürdigkeiten angeht, bin ich da mittlerweile mehr als entspannt. Du kannst auf Deinen Reisen mit Kind nicht jeden Tempel, nicht jede Brücke und nicht jedes Museum bis ins Detail anschauen. Plant lieber Pausen ein und hab kein schlechtes Gewissen, wenn ihr ganze Tage in Eurem neuen Lieblings Café um die Ecke verbringt. Ihr werdet schon noch genug erleben, auch wenn Ihr ab und zu mal einen Gang zurück schaltet.
Richtig ankommen…
… haben wir vor Allem auf Bali praktiziert. Und es wirklich genossen. Manchmal habe ich das Gefühl, wir haben unseren Alltag in diesen fünf Monaten einfach an einen neuen Ort verlegt. Ins Paradies. Max war im Kindergarten, 2-3x die Woche im Surfteam und hatte seine Kinder aus der Nachbarschaft. Ich wusste, wo der Kaffee am Besten schmeckt, ich am entspanntesten arbeiten kann und wer am Abend mit zum Skaten kommt.
Eigentlich perfekt. Auch wenn es uns nach fünf Monaten dann doch weiter gezogen hat, war die Zeit auf Bali für uns einfach wunderschön.
Besonders wenn Du etwas länger mit Deinem Kind unterwegs bist, kann es auch spannend sein, Euch an einem neuen Ort niederzulassen. Und dort anzukommen. Das fremde Komplettpaket zu entdecken und zu erleben. Die Menschen vor Ort wirklich kennen zu lernen. Neue Freundschaften zu schließen. Ein Teil des Ganzen zu werden. Diese Form der Entspannung kann auch spannend sein. Vor Allem auf lange Sicht. Denn ihr könnt ja zwischendurch immer wieder ausbrechen. Kleine Ausflüge machen. Den Radius erweitern und am Ende wieder zurück kehren. In das gewohnt Neue.
Der Tag geht rum, und ich sitze immer noch am selben Ort. Mittlerweile haben wir von Kaffee auf Wein gewechselt. Ein Ende ist noch lange nicht in Sicht, der Pizza Dienst dafür schon auf dem Weg. Die Jogginghose könnte nicht gemütlicher sein. Ankommen ist wichtig. Egal wo, egal wie. Reisen auf Hochtouren, leben auf Vollgas ist toll. Spannend. Lebendig. Doch auch ermüdet und anstrengend. Die Mischung macht es. Wie so oft.
Und auch das, was Ihr wollt. Jede Phase hat ihre Berechtigung, jede Phase ist absolut toll. So lange Ihr nichts erzwingt. Sondern das tut, was Euch Spaß macht. Je nach Gegebenheit. Je nach Laune.
Welches Tempo auf Reisen mit Kind ist Dir am Liebsten?
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