Ich sitze vor unserem Rucksack und packe zusammen. Mal wieder. Maxi schläft noch. Mal wieder. Heute Nacht geht es für uns weiter. Das nächste Ziel: Taiwan. Das nächste Abenteuer in Sicht.
Während ich unser Wäsche falte und die Spielsachen sortiere, schießen mir tausend Bilder in den Kopf. Ein Monat Japan liegt hinter uns. Ein Monat in einem fremden Land. Ein Monat in einer komplett anderen Kultur. So komplett anders, dass ich es oft gar nicht fassen kann. Gar nicht begreifen. Stattdessen nur mit offenem Mund daneben stehe. Zusehe. Staune. Oftmals einfach sprachlos bin. Über so…
… viel Disziplin:
Als ich mit Maxi schwanger war, ist die Katastrophe in Fukushima passiert. Ich saß weinend voller hormoneller Emotionen vor dem Fernseher, und hatte mich damals schon gewundert, wie diszipliniert die Japaner mit der Situation umgegangen sind. Hier vor Ort wird mir das Verhalten immer klarer. Mit jedem Einkauf im Supermarkt. Mit jeder U-Bahn Fahrt.
Die Menschen haben so einen Respekt voreinander, dass ich wirklich nur staunen kann. Kein Gerangel. Kein Vordrängeln. Keine unfreundlichen Wörter. Keine aggressive Energie. Selbst auf kleinstem Raum. Selbst zur Rushhour in Tokyo Station. Tausende von Menschen in tausende Richtungen. Nebeneinander. Und dennoch kein Chaos. Sondern Alles in geordneten Bahnen. Ob auf der Rolltreppe, im Zug oder in der Schlange am Ticket Automat.
Doch das Ganze wird noch getoppt. Zu dem Respekt kommt eine extra Portion Freundlichkeit. Ein Lächeln. Ein Strahlen. Eine kleine Verbeugung. Die das Miteinander nicht nur erträglicher, sondern einfach schöner macht.
… wenig Kinder:
Generell laufen uns in Japan nicht sehr viele Kinder über den Weg. Oder sie fallen einfach nicht auf. Spielplätze und Co. gibt es hier nur wenige, und wenn sind sie meistens leer. Und auch in den Zügen rennen sie nicht umher. Ganz im Gegenteil zu Maxi. Der immer Alles erkunden will und am Liebsten überall auf Tour geht. Nicht die Japanischen Kinder.
Im Zug sitzen sie mit den Erwachsenen zusammen. Lautlos. An der Straße in einer Gruppe Gleichaltriger stehen sie in der Reihe vor der Ampel. Kein Kind schreit. Kein Kind streitet. Kein Kind hüpft aus der Schlange. Alles organisiert. Alles angepasst.
Ich frage mich oft, wie individuell die Kleinen sein dürfen. Sein können. Bei Max ist es mir so wichtig, dass er seinen eigenen Kopf entwickelt. Auch mal gegen den Strom schwimmt. Mit verknoteten (langen) Haaren und verdreckten (kleinen) Füßen durch die Pfützen springt. Seinen eigenen Platz findet. Mir Contra gibt. Sich durchsetzt.
Hier schient das Alles bereits vorgegeben zu sein. Um zu passen. In das System, das die Eltern vorleben. In das Jeder hier passt. Ob das gut oder schlecht ist, kann ich nicht beurteilen. Aber es fällt auf. Besonders, weil ich die beiden Extreme so nah vor Augen habe: Ein Kind, das so frei aufwächst wie möglich vs. Kinder, die noch nicht einmal in ihren wildesten Zeiten auffallen.
… lecker lautes Essen:
Das Essen ist nach wie vor eines unserer Highlights hier in Japan. Wir können gar nicht damit aufhören und finden immer wieder neue Gerichte, die uns überraschen. Doch auch die Art und Weise des Essens in der Öffentlichkeit ist für uns so spannend zu beobachten. Vor Allem, wenn es um Suppen geht.
Fast an jeder Ecke gibt es kleine Restaurants, die nichts Anderes anbieten. Suppen in jeglicher Variation.
Bestellt wird am Automaten am Eingang, das Ticket in der Küche vorgezeigt und gegen die entsprechende Suppe eingetauscht. Gerade zur Mittagszeit sind solche Plätze gerappelt voll. Mit Japanern. Im Anzug. In der Mittagspause.
Wie die Sardinen sitzen sie eng aneinander gequetscht vor ihren Schüsseln und geben Gas. Noch bevor wir überhaupt unsere Stäbchen sortieren können, sind sie oft schon fertig. Lautstark. Denn schlürfen ist in Japan erlaubt. Und wird auch gemacht. Zur Freude von Max, der natürlich Gerne direkt mit einsteigt. Lautstark.
Das Bild lässt mich dennoch immer wieder schmunzeln: Wie die perfekt gestylten Japaner im Anzug oder Kleidchen gebeugt über die Schüssel die Nudeln mit einem lauten Schlürfen in ihren Mund flutschen lassen. So ungewohnt für mein Auge, so ungewohnt für meine Ohren und so ein Gegensatz zur sonstigen Perfektion. Natürlich nur für mich. Nicht für Max.
… verrücktes Disneyland:
Sechs Kerzen brennen auf dem Kuchen. Zwei Strahlende Augen leuchten um die Wette. Eine kleine Hand liegt vor Aufregung ganz verschwitzt in meiner. Zum großen Tag gibt es ein großes Erlebnis. Zusammen mit Maxis Papa fahren wir in das Disneyland in Tokyo.
Japanische Perfektion trifft auf Amerikanischen Kitsch. Und die Japaner voll in ihrem Element. Mit riesengroßen Micky Maus Ohren im Haar, und jeglichen Merchandise Artikeln um den Hals laufen sie wir kleine Disney Figuren umher. Und das nicht nur im Alter von Max. Erwachsene Menschen, die aussehen wie kleine Kinder. Und sich auch so benehmen. Völlig verspielt, völlig ausser Kontrolle. Kreischend. Hüpfend. Wild. Das absolute Gegenteil zu dem, was sie im normalen Leben darstellen. Und deswegen so ein starker Kontrast.
Zu dem Personal. Das typisch Japanisch die Situation kontrolliert. Mit einem Lächeln auf dem Gesicht und einer Verbeugung als Dank. Auch nach dem 1000sten Selfie, auch nach der 1000sten Einweisung, dass man seinen Rucksack in der Achterbahn nach vorne tragen muss. Wie die Figuren aus den Disney Filmen. Ruhig. Perfekt. Diszipliniert. Es war irgendwie nicht anders zu erwarten.
Japan lässt uns sprachlos. Fast ein bisschen verwirrt. Mit so vielen Situationen im Rucksack, die wir heute Nacht mitnehmen. Nicht nur bis nach Taiwan. Und erst einmal verarbeiten müssen. Hoffentlich aber auch viel daraus lernen werden. Dass es so unterschiedlich sein wird, hätte ich nicht gedacht. Immerhin haben wir schon Einiges gesehen. Selbst in Asiatischen Ländern.
Doch das Leben hier ist anders. Das Land. Die Menschen. Die Kultur. So komplett anders, dass ich es oft gar nicht fassen kann. Gar nicht begreifen. Stattdessen nur mit offenem Mund daneben stehe. Zusehe. Staunen. Oftmals einfach sprachlos bin. Über Diverses. Und das wird sich sicherlich auch heute nicht mehr ändern. An unserem letzten Tag nach einem Monat Japan Reise mit Kind.
Welchen Eindruck hast Du von Deiner Japan Reise mit Kind?
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