Irgendwie kann ich es gar nicht richtig fassen. Der Rucksack liegt vor mir. Unsere Sachen verstreut neben dran. Das Runde muss ins Eckige. Das Chaos in die Ordnung. Vor fünf Wochen haben wir ausgepackt. Sind angekommen. Heute umgekehrt. Einpacken. Abreisen. Bis zum nächsten Mal.
Fünf Wochen an einem Ort sind eine lange Zeit. Fünf Wochen am richtigen Ort sind eine viel zu kurze Zeit. Encinitas hat uns gepackt. Durchgeschüttelt. Ausgespuckt. Erfahrungen sammeln. Mitnehmen. Weiter gehts. Kalifornien ist nicht das Paradies. Nicht für uns. Doch es hat uns verändert. Wie jeder Ort. Mehr oder weniger? Das wird sich zeigen! Liebe und Hass liegen manchmal so nah beieinander. Selbst unter Palmen.
Geliebter Alltag:
Jeden Tag das Gleiche. Immer und immer wieder. Zumindest was die Rahmenbedingungen angeht. Selbes Haus. Selbes Bett. Selbe Menschen. Irgendwie langweilig. Irgendwie cool. Irgendwie lustig. Denn das, was mich sonst am Meisten nervt, gefällt mir auf einmal ziemlich gut. Routine. Routine mit Kind. In Encinitas sind wir so richtig angekommen. Und haben es so richtig genossen. Mehr als erwartet.
Denn es hat schon was. Diese Form von Sicherheit. Diese Form von Organisation. Eine Basis um los zu ziehen. Jeden Tag. Und wieder anzukommen. Jeden Abend. So sehr ich es liebe, unterwegs zu sein. Ins Abenteuer zu springen und nicht zu wissen, was die nächsten Tage passiert. So sehr lässt es mich durchatmen, abends nicht vor dem Laptop zu sitzen. Fahrpläne zu checken. Unterkünfte zu suchen. Flüge zu buchen. Eher das Kümmern um die kleinen Dinge. Essens Beschaffung vs. Zigeuner Entertainment.
Skaten, skaten immer nur skaten:
Dieses Strahlen in Maxis Gesicht. Dieses Strahlen in meinem Gesicht. Wenn wir uns auf unsere Fahrräder schwingen. Die Bretter hinten drauf. Das Lächeln vorne dran. Fast jeden Tag ziehen wir so los. Mit dem Skatepark als Ziel.
Auf Bali hatten wir vor 1,5 Jahren das erste Mal so richtig Kontakt mit kleinen Rampen und großen Pools. Und schon damals hat es uns gepackt. Von Sekunde eins. Auch wenn es hart ist. Zu Beginn. Der Spaß ist unschlagbar. Denn beim Skaten haben Max und ich etwas gefunden, das uns Beiden Freude bringt. Das wir Beide zur gleichen Zeit machen und genießen können. Jeder für sich, und irgendwie doch zusammen.
Also verbringen wir viele Tage in verschiedenen Parks und lernen dabei gleichzeitig noch jede Menge cooler Leute kennen. Die uns unter ihre Fittiche nehmen. Neue Tricks zeigen, neue Freundschaften schließen lassen.
Push don’t pollute:
Im Gegensatz zu all den anderen Menschen in Kalifornien, scheinen wir die einzigen zu sein, die kein Auto besitzen. Und es auch nicht brauchen. Denn All das, was wir tagtäglich erreichen wollen, liegt nur ein paar Kilometer von uns entfernt. Und ist bestens mit dem Rad zu erreichen. Kostenlos und praktisch. Oben drein noch gut für die Umwelt. Denn der Punkt, der mich am Meisten hier stört, ist die tagtägliche Verschmutzung unseres Planeten.
Autos werden selbst für kleinste Strecken genutzt. Oftmals sogar vor Coffee Shops und Co. mit laufendem Motor geparkt. Eine Tatsache, die mich fast wahnsinnig macht. In München haben wir sogar auf Plastiktüten im Mülleimer verzichtet, hier in Kalifornien komme ich mir manchmal vor wie in Asien. Wenn jede einzelne Banane in eine eigene Plastiktüte verpasst wird. Der Kürbis im Supermarkt ist vorgeschnitten und eingetütet. Dass niemand ihn vorher noch verzehrfertig vorgekaut hat, grenzt an ein kleines Wunder.
Woher diese Respektlosigkeit der Umwelt gegenüber kommt, kann ich nicht erklären. Leider aber tagtäglich wahrnehmen. Gerade im Vergleich zu der Mongolei oder auch Kuba fällt es mir manchmal schon schwer zu sehen, wie Alles für absolut selbstverständlich gehalten und dementsprechend weniger gewürdigt wird. Eigentlich schade, doch gehört halt anscheinend auch mit zum American Dream. Allerdings nicht für uns.
Oberflächlichkeit und echte Freunde:
An manchen Tagen packt es mich so richtig. Dann komme ich aus dem Grinsen nicht mehr heraus, dass wir momentan hier in Kalifornien sind. An anderen Tagen fällt es mir schwer. Denn Kontakte knüpfen ist manchmal Alles andere als leicht. Nicht, wenn es um die täglichen Nettigkeiten in Supermarkt und Co. geht. Echte Freundschaften brauchen Zeit. In Kalifornien noch ein bisschen mehr. Bis auf Ausnahmen. Wir haben Beides kennen gelernt: Vom oberflächlichen Dauerlächeln bis hin zu tiefergehenden Kontakten. Die halten werden. Da bin ich mir sicher. Man trifft die richtigen Menschen zur richtigen Zeit.
Auch wenn Zeit hier ein sehr dehnbarer Begriff scheint. Ich bin in Deutschland wirklich alles andere als pünktlich. Normal für mich, nervig für die Anderen. Doch die Kalifornische Version davon ist um Einiges schlimmer. Um Einiges spontaner. Vorerst wird viel erzählt, geplant und vorgeschlagen. Realisiert dann allerdings nur die Hälfte. Höchstens. Sätze wie „Lass uns am Wochenende…“ werden selten zu Realität. Und wenn doch, dann eher unverhofft. Und ungeplant. Es scheint ein Teil des ganzen entspannten Daseins hier zu sein, sich nicht wirklich festzulegen. Nicht weiter schlimm, dennoch gewöhnungsbedürftig. Selbst für uns. Mit ein bisschen Übung aber nicht schwer anzunehmen, und teilweise sogar ein bisschen nachzuahmen.
Irgendwie kann ich es gar nicht richtig fassen. Der Rucksack liegt vor mir. Unsere Sachen sortiert innen drin. Zeit vergeht so schnell, dass es mir manchmal Angst macht. Vor Allem, an schönen Orten. Die nicht perfekt sind. Aber stimmig. Für uns. Ich wusste es bereits im Vorfeld, dass Encinitas ein Knaller wird. Mit Abstrichen, nicht perfekt und trotzdem toll.
Feste Umarmungen, salzige Tränen und tausend Küsse später sind wir unterwegs. Richtung Norden. Richtung San Francisco. Richtung einem neuen Abenteuer. Bis bald, Encinitas. Und danke für Alles. Freude und Trauer liegen manchmal so nah beieinander. Selbst unter Palmen.
Wie wichtig ist Routine mit Kind für Dich auf Reisen?
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