Das Flugzeug setzt langsam auf und die Leute vor mir klatschen. Die hinter mir auch. In jeglichen Reihen wird applaudiert, und das sogar ziemlich heftig. Max stimmt gleich mit ein, und lacht sich schlapp. Das Ganze erinnert mich an Flüge vor vielen Jahren. Als der Pilot für seine Leistung noch von den Gästen hofiert wurde. Und auch bei unserem Zielort befürchte ich Ähnliches. Eine kleine Zeitreise in die Vergangenheit. Mitten rein in den Kaukasus, mit russisch angehauchten Städten, altmodisch geschminkten Menschen und Fleisch beladenen Tellern. Georgien und Armenien stand nie auf meiner Reiseliste. Doch Georgien und Armenien wurde mir von einem Experten umso mehr ans Herz gelegt. Ein weißer Fleck auf der Landkarte, den viele noch nicht kennen. Wir in den nächsten Tagen aber kennen lernen werden.
Auf der Suche nach den Rumpelwichten:
New York. San Francisco. Mexico City. Städte haben schon Etwas. Städte sind reizvoll. Städte sind toll. Doch je mehr wir reisen, desto mehr liebe ich die Natur. Die Einsamkeit. Je weiter, desto besser. Je untouristischer, desto geliebter. Einfach nur raus und weg von Allem. Max sieht das glücklicherweise ähnlich und so sitzen wir nach ziemlich vielen Autostunden und ziemlich vielen Pipi Pausen endlich auf den Pferden. In der Pampa. Der Svaneti Nationalpark ist ab vom Schuss. Das Dorf Ushguli noch mehr. Und wir mittlerweile sogar noch weiter. Und glücklich.
Es sieht aus, wie bei Ronja Räubertochter, und so fühlen wir uns auch. Grüne Wiesen mit wilden Pferden und Kühen drauf. Auf den Bergen um uns herum liegt noch der Schnee und ausser uns bekommen wir Niemanden zu Gesicht. Bis auf unseren Guide, der sich fest an die Zügel unserer Gäule klammert. Denn nicht nur die Natur, sondern auch die Bewohner sind hier wild.

Ushguli/ Georgien
Am liebsten würde ich direkt bleiben. Am liebsten die nächsten Tage nur auf den Pferden verbringen, die Gegend erkunden. Doch Georgien hat noch mehr zu bieten. Also ziehen wir weiter. Mit einem ziemlich tollen Fahrer, der uns durch das Land kutschiert. Und mir regelmäßig ziemlich gut zureden muss. Denn nicht nur die Strassen sind hier an vielen Orten ein Albtraum. Auch die Fahrer. Obwohl wir seit der Mongolei eigentlich abgehärtet sind. Doch hier hat Autofahren noch einmal eine neue Qualität. Freunde hatten uns schon im Vorfeld gewarnt, deswegen halte ich die Anti-Brech-Tabletten immer griffbereit. Und werfe regelmäßig welche ein. Kurve nach Kurve aber auch Überholmanöver nach Überholmanöver. Wie man so wild fahren und überleben kann, ist mir ein Rätsel. Doch in Georgien anscheinend ganz normal. Aus zwei Fahrstreifen werden drei gemacht, der mittlere sich praktischerweise direkt mit dem Gegenverkehr geteilt.
Ninotschka, Ninotschka!
Könnte eventuell etwas mit dem Nationalgetränk zu tun haben, das hier rund um die Uhr in Strömen läuft. Auch für uns. Angeblich wurde in Georgien der Wein erfunden. Das Trinken auf jeden Fall. Und vielleicht auch die Herzlichkeit. Denn die Menschen hier sind wirklich mehr als gastfreundlich. Max wird gefühlt 1000 Mal am Tag der Kopf gestreichelt, und ich habe nach dem ersten Glas Wein, einen neuen Spitznamen sicher. Ninotschka. Besonders amüsant sind die Georgischen Trinksprüche, von denen ich zwar nix verstehe, deren Länge sich allerdings auffällig an den Konsum anpasst. Von Glas zu Glas erzählt der Älteste am Tisch längere Geschichten und huldigt dabei die Deutsch-Georgische Freundschaft. Es wird auf die Familien getrunken, auf das Leben aber auch auf die Verstorbenen und dafür immer ein kleiner Schluck auf den Teppich geleert.

Mestia/ Georgien
Solche Verschwendung ist in Georgien durchaus machbar, denn die Preise sind ebenfalls mehr als freundlich. Gerade nach Zielen wie Island und Israel, bin ich ein großer Freund der kleinen Preise. Die sich hier nicht verstecken sondern ziemlich offensichtlich sind. Egal ob Essen, Transport oder Einkaufen. Geht in Georgien Alles. Und das in günstig. Wenn wir also nicht bei Einheimischen Familien unter den Tisch getrunken werden, gönnen wir uns tolle Restaurants mit tollem Essen. Besonders in Tbilisi gibt es davon genügend.
Georgische Familienzusammenführung:
So kommen wir nach den ersten Tagen schon so sehr ins Schwärmen, dass nach einer Woche Nachschub aus Deutschland anreist. Meine Eltern kommen uns spontan besuchen und sind ebenfalls ganz hin und weg. Nicht nur von uns, denn immerhin haben wir uns seit acht Monaten nicht mehr gesehen. Auch von Georgien. Und Tbilisi.
Sieht aus wie Paris in den ganz alten Filmen.
Was für ein Gegensatz zur Armenischen Hauptstadt Jerevan, die zusammen unser nächstes Ziel ist. Modern. Laut. Doch ebenfalls von wunderschöner Natur umgeben. Stundenlang schlendern wir durch die Strassen. Halten hier und da für einen Cafe in der Sonne an, und ich genieße den 24 Stunden Babysitter Service. Max ist im siebten Himmel seinen Großeltern ein bisschen was von der Welt zu zeigen, und am Abend zocken wir Uno bis in die Puppen.

Jerevan/ Armenien
Wir sitzen im Flugzeug. Richtung Osten. Und ich wundere mich. Über die Beliebt- und Überfülltheit mancher Plätze auf der Welt. Und über das noch Unentdeckte, was wir in Georgien und Armenien gefunden haben. Was nie auf meiner Reiseliste stand. Was ab jetzt auf meiner Empfehlungsliste steht. Denn beide Länder sind einzigartig. Einzigartig schön. Zudem noch nicht überfüllt und so angenehm preiswert. Doch es steht und fällt natürlich immer mit den Menschen. Meine Eltern haben durch ihren Besuch unsere Zeit hier schon zu einem Highlight gemacht. Doch auch der Rest, kann da gut mithalten. Als das Flugzeug abhebt, klatsche ich innerlich. Auf Georgien, und Armenien. Die Zeitreise, die wir hinter uns haben. Und die Tatsache, dass es immer noch weiße Flecken auf der Landkarte gibt. Zwei davon haben wir in den letzten Tagen für uns neu entdeckt.
Kennst Du den Kaukasus und hast Georgien und Armenien mit Kind bereist?
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