Das Flugzeug landet. Und wir sind da. Völlig unverhofft. Völlig ungeplant. Dafür umso gespannter. Mongolei. Eigentlich wären wir jetzt in San Francisco. Würden über die Golden Gate Bridge radeln. Nudeln in North Beach essen. Die Graffitis in The Mission bestaunen. Doch es sollte irgendwie nicht sein. Noch nicht. Maxis Kinderreisepass hat uns einen Strich durch das Visum gemacht. Nicht ohne Grund.
Jetzt sind wir hier. Der letzte Stop auf unserer Reise. Und gleichzeitig ein Stop, der etwas ganz Besonderes mit sich bringt. Einen Abstecher in unsere Familiengeschichte. Denn anscheinend habe ich Mongolisches Blut in mir. Nomadisches Blut. Meine Reiselust somit keine große Überraschung.
Erster Stopp, nächste Couch:
Die Mongolei mit Kind dafür umso mehr. Denn irgendwie ich habe ich es mir ganz anders vorgestellt. Und bin erstmal überrascht. Über öffentliches Wifi. Supermärkte mit Deutschen Produkten. Spielplätzen an jeder Ecke. Aber auch hässliche Hochhäuser. Verstopfte Straßen. Verschmutzte Luft. Dennoch hat es etwas Zauberhaftes. Selbst in Ulaanbaatar, der Hauptstadt. Umringt von Bergen. Eingehüllt in ein ganz spezielles Licht. Vor Allem am Abend. Wenn die Sonne untergeht. Spät am Abend. Magische Zeit.
Die ersten Nächte verbringen wir bei einer Einheimischen Familie. Auf dem Sofa. Im Ghetto. Mongolischer Hauptstadt Alltag. Kommen an. Und lassen uns treiben. Besser noch umher kutschieren. Von einem Taxifahrer nach dem Anderen. Drücken uns die Nase an der Scheibe platt.
Bemerken erst viel später, dass es hier eigentlich gar keine Taxis gibt. Sondern lediglich ganz normale Leute, die uns immer wieder an der Straße aufsammeln. Und für umgerechnet einen Euro hin und her fahren. Egal wohin. Hauptsache, wie haben das Ziel irgendwo aufgeschrieben. Auf Mongolisch, denn Englisch spricht hier fast keiner. Nicht mal im Ansatz. Und wir kein Mongolisch. Gute Kombination.
Die trotzdem funktioniert. Nicht zuletzt wegen der Herzlichkeit der Menschen. Die uns mal wieder bedingungslos entgegen gebracht wird. Das Ganze schnell um Einiges leichter macht. Uns aufnimmt und wohlfühlen lässt. Als Teil des Ganzen obwohl wir natürlich auffallen. Und das nicht zu knapp. Touristen sehen wir hier zwar Einige, blonde Kinder dafür nie. Maxi scheint die Attraktion zu sein. Wird immer wieder angeguckt. Gestreichelt. An der Straße an die Hand genommen. Einfach so.
Auch auf den Spielplätzen, von denen es hier unglaublich viele gibt. An jeder Ecke. Auch direkt bei uns nebenan. Sobald es am Abend etwas kühler wird, sind wir mit dabei. Fast ein bisschen wie in München, sitze ich mit den anderen Müttern auf der Parkbank. Trinke Kaffee, lese ein Buch. Während Maxi umher saust. Zusammen mit den anderen Kindern. In einem Sprachen Mix diskutiert und seine ersten Wörter auf Mongolisch lernt.
Es fasziniert mich immer wieder aufs Neue, wie schnell er auf die fremden Kinder zugeht. Und umgekehrt. Wie sie kommunizieren und sich nach kurzer Zeit aufeinander einstellen. Ganz egal woher sie kommen. Und wohin sie nach dem Spielen gehen werden. Zurück in verschiedene Leben, die unterschiedlicher wahrscheinlich nicht sein könnten. Und dennoch so gut zusammen passen.
Hart im Nehmen, weich im Austeilen:
Was mich in der Mongolei besonders entzückt, ist der Umgang mit den Kindern. In Japan und Taiwan sind die Eltern sehr zurückhaltend. Selbst mit den Kleinsten. Küsse, Umarmungen, jeglicher Körperkontakt wird in der Öffentlichkeit vermieden. Liebe eher in Form von Wörtern ausgetauscht. Für mich nicht nur wegen der Sprachbarriere unverständlich. Wie oft Max und ich am Tag kuscheln. Küssen. Händchen halten. Als ein ganz normaler Teil unserer Mutter-Sohn Beziehung. Nicht so in Japan und Taiwan. Dafür umso mehr in der Mongolei.
Hier ist es ähnlich, Kinder und Eltern sichtbar miteinander verbunden. Daneben fällt mir aber noch Etwas weiteres auf. Die Robustheit der Kinder. Gerade auf den Spielplätzen schlägt es Eines nach dem anderen immer wieder hin. Die Rutsche runter. Die Schaukel gegen den Kopf. Und natürlich fließen Tränen. Aber ohne Drama. Auch nicht bei den Eltern, die ganz entspannt die Situation einschätzen und mit einem Lächeln auf der Bank sitzen bleiben. Sekunden später hat sich Alles wieder gelöst. Von Alleine.
Das fasziniert ich. Verglichen mit all den Helikopter Eltern, die mir schon auf diversen Deutschen Spielplätzen in das Sichtfeld geflogen sind. Das Mongolische Pendant ist davon weit entfernt. Sehr weit. Und irgendwie ist es auch logisch. Obwohl in Ulaanbaatar der moderne Einfluss nicht zu übersehen ist, die Stadt teilweise auch irgendwo in Europa sein könnte. Die Mongolei ist ein anderes Pflaster. Ihre Bewohner entsprechend abgehärtet. Allein durch die Temperaturunterschiede von fast 70 Grad, die zwischen Sommer und Winter liegen. Das sieht man auch den Kindern an. Und wir sind erst in der Hauptstadt. Noch weit entfernt von den ländlichen Gegebenheiten.
Mongolisches Entertainment Programm:
Ganze 15 Stunden entfernt. Die jetzt vor uns liegen. 15 Stunden Busfahrt. 15 Stunden eingequetscht mit gefühlt 150 anderen Menschen. Alles Einheimische. Und wir. Mittendrin. Die günstigste Variante die Mongolei zu bereisen ist der Bus. Auch für uns.
Also finden wir unseren Platz, setzen und hin und fahren durch die Pampa. Der Bus ist voll, bis auf den letzten Sitz. Die letzten Sitze. Die bestehen aus wackeligen Plastikstühlen, die spontan noch im Gang aufgestellt werden. Links neben mir. Nah neben mir. So nah, dass sich der Kopf meines Nachbarn immer wieder an meiner Schulter ankuschelt. Ein kurzes Nickerchen tut bekanntlich gut. Gemeinsame Zeit verbindet. 15 Stunden umso mehr.
Zum Essen wird gehalten. Zum Pieseln ebenso. Irgendwo. Wenn es eine Toilette gibt, dann in From eines Donnerbalkens. Wenn nicht, in der Mongolisch perfektionierten Variante: Mit einer um die Hüfte gebundenen Jacke als Sichtschutz nach Hinten. Die Vordersicht gehört den animalischen Steppenbewohnern, und die können es verkraften. Zwischen den Stopps wird geschlafen, gesungen und eine kitschige Musik DVD aus den 80ern angeworfen. Maxi und mich interessiert das aber eher weniger. Wir starren um die Wette. Aus dem Fenster. Es ist einfach zu schön. Die Weite. Die Farben. Die Adler, die über die wild galoppierenden Pferde hinweg schweben. Zwischendurch ein weißes Nomadenzelt vor grünem Hintergrund.
Der Bus hält. Lang erhofft. Völlig gespannt. Mongolei. Der Vorgeschmack der letzten Tage war schon gut. Hauptstadt an Steppenlandschaft. Doch jetzt fängt es erst richtig an. Eine Mongolische Freundin holt uns mitten in der Nacht von der Bussstation ab. Bringt uns in ihr Dorf. Kein fließend Wasser. Der nächste Donnerbalken. Klarer Himmel. Tausend Sterne. Darunter steht weiß strahlend unser Jurte Zelt. Mein Herz fängt an zu rasen. Mein Blut zu pulsieren. Das müssen die Mongolischen Gene sein. Endlich zu Hause. Jetzt sind wir also da.
Steht die Mongolei mit Kind auch auf Deinem Reiseplan?
Michaela Trapp says
Liebe Janina,
ich bin zufällig auf deine Seite gestoßen und begeistert, was ihr zwei so alles tolles unternehmt. Großes Kompliment!
Ich bin auch ein wenig alleine als Mama mit meinem Sohn Leon unterwegs. Wenn man sich erst mal überwunden und angefangen hat, mit Kind – egal wie alt – zu reisen, kann man gar nicht mehr aufhören. Ich verfolge deinen Blog mit großem Interesse und freue mich immer wieder über Neuigkeiten. Vielleicht hast du ja mal Lust, einen Gastbeitrag für meine Seite zu schreiben.
Liebe Grüße und mach weiter so,
Michaela
Janina says
Danke liebe Michaela, freue mich, dass Du mit Leon auch umher reist. Weiter so und viele Grüße aus Kalifornien!