Auf einmal kommen Alle auf uns zugestürmt. In ihren gelben Uniformen rennen sie direkt auf Maxi los. Schreien. Jubeln. Ziehen an meinem Rucksack. Und lachen. Wir sind umringt von einer großen Masse kleiner Menschen und werden von ihren braunen Augen ganz genau inspiziert. Vor Allem Maxis Haare und seine helle Haut haben es ihnen angetan. Immer wieder streicheln sie über seinen Kopf. Fühlen an seiner Haut. Ziehen an seinen Händen. Er soll mitkommen. Fußball spielen. Steine suchen. Das Klassenzimmer angucken.
Ich stehe am Rand des Geschehens und kann es kaum glauben. Bin umso mehr gerührt: Auf dem Pausenhof einer einheimischen Schule in Labuanbajo. Auf der Indonesischen Insel Flores mit Kind. Wo es zwar schon die ein oder anderen Touristen gibt, offensichtlich aber weniger im selben Alter der kleinen gelben Uniformen. Die meisten Reisenden kommen zum Tauchen hierher.
Für uns sind die Komodo Warane auf der Nachbarinsel die große Attraktion. Für die einheimischen Kinder ist es der kleine Blondschopf.
Dass wir innerhalb der ersten zwei Stunden somit schon selber zu Einer werden, hätte ich nicht gedacht.
Gekommen…
Eigentlich bin ich froh, dass wir es überhaupt bis Flores geschafft haben. Lange hatte ich hin und her überlegt: Anreise mit Boot vs. Flugzeug. Da mir Ersteres als mehrere Tagesetappen einfach zu lange dauerte, sind wir am Ende geflogen. Trotz schwarzer Sicherheitsliste, auf der unsere Indonesische Fluggesellschaft steht. Doch Boote gehen anscheinend auch ziemlich oft unter. Also beides nicht wirklich vertrautenerweckend, mit dem Flugzeug immerhin schnell. Dachte ich zumindest.
Am Ende haben wir fast so lange gebraucht, wie mit dem Boot: Motorschaden. Flugausfall. Übernachten am Flughafen. Neustart im Morgengrauen.
Immerhin sind wir die Ersten, die auf der Insel ankommen. Und das direkt zur großen Pause unserer kleinen neuen Freunde. Irgendwie läuft es doch alles immer nach Plan.
… um zu bleiben:
Praktischerweise ist das Haus, in dem wir für ein paar Tage unterkommen, direkt neben der Schule. In der selben Straße. Von denen es hier in Labuanbajo anscheinend eh nicht so viele gibt. Diesem kleinen Ort, der aussieht wie ein altes Piratennest. Wild und ursprünglich. Die Energie ist komplett anders als auf der von Touristen weich geschwemmten Insel Bali. Der Wind um einiges rauher. Hier auf Flores riecht es nach Abenteuer. Nach Piraten. Nach wilden Geschichten. Und dunklen Geheimnisse.
Der Australier bei dem wir über Airbnb schlafen können, ist Anfang 30, lebt aber schon seit über zwanzig Jahren in Indonesien. Spricht einen lustigen Akzent und hat einen noch lustigeren Hund. Und ein kleines Holzboot, auf das er uns direkt verfrachtet. Zusammen mit seinem Vater baut er auf einer der vielen kleinen umliegenden Inseln ein Hotel. Er muss kurz die Baustelle checken, und wir können in der Zeit Nemo und Co. besuchen.
Mit rappelndem Motor im Rücken und einem schlafenden Hund auf dem Schoß geht’s Richtung Schnorchel Paradies. Das Wasser ist kristallklar, die anderen Touristen weit weg.
Wir sind tatsächlich die Einzigen auf der kleinen Insel. Und unter Wasser.
Maxi kann es kaum glauben, als er seinen ersten Clownfisch entdeckt. Mit einem kleinen Hai an den Korallen entlang schwimmt, und einen Kraken beim Schlafen beobachtet. Immer wieder spuckt er seinen Schnorchel und kleine Jubelschreie aus.
Es hat schon sehr viel von Robinson Crusoe, und einsamen Paradies. Unglaublich, dass (theoretisch) nur ein paar Flugminuten von Bali entfernt, eine komplett andere Welt liegt. Mit kleinen süßen Fischen unter Wasser, und großen weniger süßen Waranen an Land.
Jurassic Park auf Indonesisch:
Dafür muss man allerdings ungefähr zwei Stunden mit einem klapprigen Boot Richtung Westen fahren. Entweder direkt bis zur Insel Komodo, auf der die Warane noch leben. Oder auf die etwas näher gelegene Variante Rica. Genauso schön, weniger weit entfernt, und trotzdem völlig ausreichend von den letzten lebenden Dinosauriern belagert.
Maxi kann es gar nicht fassen, und marschiert ganz tapfer zwei Stunden mit all den Anderen über fünf Jährigen durch die pralle Sonne. Mit rotem Kopf und leuchtenden Augen, sobald wieder einer um die Ecke geschlichen kommt: Mindestens doppelt so groß wie er selber, und fähig ihn mit wahrscheinlich weniger als zwei Bissen zu verspeisen. Was natürlich eher selten passiert. Denn auf unserer Tour durch die Insel Savanne werden wir von drei einheimischen Führern begleitet und mit provisorischen Stöckchen beschützt.
Da die weiblichen Echsen bald ihre Eier legen, gibt es teilweise sogar eine richtige Aufruhr in den Gebüschen: Um die potentiellen Jungtiere vor Feinden zu schützen, graben die weiblichen Echsen mehrere Löcher, in die sie später ihre Eier legen. Zwar am Ende nur in Eines, da die anderen lediglich für die Tarnung vor Feinden und anderen Waranen nützlich sind. Doch die restlichen Höhlen müssen natürlich auch ausgegraben werden.
Ein ziemlich einmaliges Erlebnis in einem ohnehin schon ziemlich einmaligen Szenario. Das Max mehr als beeindruckt, und für diverse Gute Nacht Geschichten in den nächsten Wochen ausreicht.
Da wir bereits am nächsten Tag auf einer Hochzeit in Ubud eingeladen sind, müssen wir leider schon wieder relativ schnell zurück nach Bali fliegen. Wieder mit einigen Stunden Verspätung, wieder mit einem etwas mulmigen Gefühl im Bauch. Aber dafür mit umso mehr wunderschönen Bildern im Kopf.
Von einzigartigen Tieren, einzigartigen Menschen und einem einzigartigen Abenteuer für uns zwei. Auf einer Insel, die noch hinter Bali liegt. In ihrer Entwicklung und ihrer Organisation. Dafür locker durch die Liebenswürdigkeit ihrer Bewohner überzeugen kann. Mit Charme. Und vielen kleinen, dunklen Händen, die ganz aufgeregt hin und her fuchteln und nicht genug bekommen. Von blonden Haaren und heller Haut. Und dadurch ganz ungeplant zur eigentlichen Attraktion dieses kurzen Abenteuers geworden sind.
Was war Dein aufregendster Ausflug mit Deinem Kind auf Reisen?
Jenny says
Hallo Janina,
als deine Reise los ging war ich sehr neugierig, du sprachst von der Welt entdecken und wie du es Finanzieren willst! Ich selber Reise alleine mit meiner Tochter überall hin, inzwischen ist sie 11!
Aber ihr bleibt irgendwie stehen?!? Aus einer Weltreise ist Bali geworden, mit dem einen oder anderen Ausflug!
Aber wann geht es weiter?
Verliere nie dein Ziel aus den Augen… Auch nicht wegen Freundschaften etc! Du wolltest beweisen dass du mit Maxi die Welt entdecken kannst.
Irgendwann muss Maxi in die Schule und dann wird es schwierig..
Janina says
Liebe Jenny,
Bali hat es uns einfach so schwer gemacht zu gehen 🙂 Aber anscheinend brauchten wir die lange Zeit dort. Heute sind wir allerdings (endlich) in Australien angekommen, und schlafen gerade die erste Nacht in unserem kleinen Bus unter den Sternen. Jetzt geht das Abenteuer Roadtrip los, und wir sind beide mega happy.
Liebe Grüße aus Cairns, und ich freue mich, dass Du mit Deiner Tochter auch die Welt bereist
Tok- Siih says
Liebe Janina, ganz toll geschrieben! Und ein wunderbares Abenteuer- wow.
Da will ich gleich wieder los! Alle einpacken und weg!! Also lange bleibe ich nicht mehr hier im kalten Schneelosen Berlin;-)
Was ist denn euer ungefährer Plan? Jetzt Australien Roadtrip und danach? Wie lange wollt ihr unterwegs sein?
Vielleicht hab ich´s überlesen?
Ich wünsche Euch beiden von Herzen viel viel Spaß. Ihr seid eine sehr inspirierende Sorte Menschlein;-)
Danke, dass Du uns an Deinen Abenteuern teilhaben läßt.
Alles Liebe. Mit federleichten Grüßen, Tok- Siih
Janina says
Danke, lieber Tok-Siih, für Deine tollen Worte… Wir bleiben jetzt erst einmal drei Monate hier Down Under, danach Neuseeland, Tahiti, Hawaii… Mal gucken, wo es uns noch hinzieht!
Habt eine schöne Vorweihnachtszeit 🙂
Ganz liebe Grüße, gerade aus Kuranda